Transfusionsmedizin 2014; 4(1): 31-45
DOI: 10.1055/s-0033-1357888
CME-Fortbildung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Patient Blood Management“

P. Schlenke
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Publication Date:
27 February 2014 (online)

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Zusammenfassung

Die Versorgungslage mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz als sehr gut zu bezeichnen. Viele gemeinsame Anstrengungen der Blutspendedienste, der pharmazeutischen Industrie und der nationalen Überwachungsbehörden haben dazu beigetragen, dass aus menschlichem Blut hergestellte „Arzneimittel“ heute sehr sicher bezüglich der transfusionsassoziierten Übertragung von Krankheitserregern sind. Allogene Bluttransfusionen bergen jedoch auch andere als infektiöse Risiken. Aktuelle Hämovigilanzdaten aus dem deutschsprachigen Raum und europäischer Nachbarstaaten zeigen, dass allergische Transfusionsreaktionen, hämolytische Transfusionsreaktionen und kardiale Nebenwirkungen (z. B. transfusionsassoziierte Volumenüberladung) die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen sind. Diese freiwilligen Überwachungssysteme vermögen jedoch nicht solche „Nebenwirkungen“ zu erfassen, die durch eine – wie auch immer geartete – Immunmodulation verursacht sind, und zu einer höheren postoperativen Infektionsrate, höherer Morbidität und gegebenenfalls höherer Mortalität kausal beitragen.

Dieser wichtigen Fragestellung widmen sich weltweit Initiativen zum „Patient Blood Management“. Hierbei stehen patientenzentrierte Behandlungskonzepte „am Krankenbett“ im Vordergrund. Die Vermeidung von allogenen Bluttransfusionen durch Therapie einer präoperativen Anämie, durch Minimierung des diagnostischen bzw. intraoperativen Blutverlusts und durch Ausschöpfung einer größeren, postoperativen Anämietoleranz sind wichtige Ziele der Anästhesiologie und aller chirurgischen Disziplinen im perioperativen Umfeld. Die rational begründete Indikation zur Transfusion allogener Blutkomponenten sollte nach Maßgabe aktueller evidenzbasierter Daten in aller Regel tatsächlich restriktiv, jedoch unter sorgfältiger Vermeidung hierdurch verursachter lebensbedrohlicher Zustände und auch unter Berücksichtigung des individuellen Patientenwillens erfolgen. Neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn ist es sowohl der Transfusionsmedizin als auch Experten des „Patient Blood Management“ besonders wichtig, die krankenhausinterne Implementierung klinischer Qualitätssicherungssysteme zu fördern und hierfür geeignete Maßnahmen zu konzeptionieren (Schulungen, Berichtswesen, Transfusions- und Gerinnungsalgorithmen, präoperative Anästhesiologie-Sprechstunde, Dokumentation der Transfusionsindikation, Soll-Ist-Abgleich mit den Querschnittsleitlinien, interne Auditierung). Eine durch Transparenz und Teamgeist getragene „Patient-Blood-Management“-Initiative ist der beste Garant für den erwünschten Erfolg.